Obwohl diese Studie interessante Belege dafür liefert, dass die Dehnung der Haut die Penetration von Makromolekülen fördern und bestimmte Immunzellen durch die vorübergehende Öffnung der Haarfollikel aktivieren kann, bleiben mehrere Fragen unbeantwortet.
Zunächst könnte man sich hinsichtlich der Toleranz dieses Verfahrens bei empfindlicher Haut, die auf eine 20-minütige intensive Massage möglicherweise ungünstig reagieren könnte. Zudem stellt sich die Frage, ob eine mechanische Alternative wie Microneedling – die eine kontrollierte Störung der Hautbarriere ohne 20-minütige Massage ermöglicht – nicht eine einfacher umzusetzende Strategie darstellen würde.
Außerdem konnten die durchgeführten Transkriptomanalysen nicht genau bestimmen, welche Zellpopulationen auf diese Stimulation reagieren: Es ist noch unklar, ob es sich um Keratinozyten, dermale Fibroblasten oder andere stromale Zellen handelt, die die Dehnung wahrnehmen, und welche Mechanorezeptoren dabei beteiligt sind. Die genaue Rolle des Hautmikrobioms in dieser Antwort bleibt ebenfalls zu klären, insbesondere welche mikrobielle Moleküle Entzündungen auslösen und Immunzellen aktivieren können. Diese Frage ist umso wichtiger, da das Mikrobiom von Individuum zu Individuum stark variiert und Menschen mit Hauterkrankungen (atopische Dermatitis, Psoriasis, Rosazea…) weisen häufig eine Dysbiose auf, die die durch Massage induzierte Immunantwort verändern könnte.
Darüber hinaus beobachteten die Forscher einen raschen Zustrom angeborener Immunzellen in den 24 Stunden nach der Dehnung, doch deren Verbleib und ihre Rolle bei der Aktivierung dendritischer Zellen wurden im Zeitverlauf nicht verfolgt. Dieser Mangel an langfristiger immunologischer Überwachung erlaubt es daher nicht, die Persistenz des Schutzes zu bewerten noch mögliche späte unerwünschte Effekte zu identifizieren.
Die toxikologischen Implikationen, die durch die Studie aufgezeigt wurden, stellen ebenfalls eine wesentliche Herausforderung dar. Die Demonstration, dass die Massage die Follikel vorübergehend öffnet und die Penetration von Makromolekülen erhöht, legt nahe, dass dieser Weg auch das Eindringen unerwünschter Substanzen erleichtern, wie atmosphärische Schadstoffe oder Allergene. Wenn diese Technik fehlerhaft durchgeführt wird, könnte sie unerwünschte Immunantworten auslösen. Darüber hinaus muss geklärt werden, ob dieser Verabreichungsweg systemische Nebenwirkungen hervorrufen würde, die denen ähneln, die manchmal nach einer konventionellen Impfung beobachtet werden, wie Fieber oder Muskelschmerzen.
Darüber hinaus stellt sich die Frage, welche Impfstofftypen mit diesem Ansatz kompatibel sind. In der Studie diente als Beispiel ein inaktivierter Virusimpfstoff (H1N1), dessen Viruspartikel in die Haut über die offenen Haarfollikel eindringen und von den lokalen Immunzellen aufgenommen werden können. Im Gegensatz dazu ist ungewiss, ob diese Methode für Lebendimpfstoffe mit abgeschwächten Viren geeignet ist, da deren Viruspartikel wirkungslos bleiben könnten, wenn das Hautmilieu deren Replikation nicht zulässt. Ebenso könnten mRNA-Impfstoffe, die sehr empfindlich gegenüber Stabilitätsbedingungen sind und eine präzise intrazelluläre Abgabe erfordern, mit einer topischen Anwendung nicht kompatibel sein.
Außerdem stellt sich die Frage nach der aufgenommenen Antigendosis stellt einen weiteren kritischen Punkt dar. Die Studie zeigt, dass bei der Maus durch Massage nach Applikation eines H1N1-Impfstoffs eine qualitative Immunantwort erzielt werden kann. Allerdings wurde die tatsächlich von den kutanen dendritischen Zellen aufgenommene Antigenmenge nicht präzise gemessen, und die Wirksamkeit eines Impfstoffs hängt oft von strikten quantitativen Schwellenwerten ab. Tatsächlich könnte eine unzureichende Dosis eine schwache oder heterogene Reaktion auslösen. Diese Einschränkung ist umso bedeutender, als die Studie nicht die funktionelle Intensität der Immunantwort (Antikörperbildung, Virusneutralisation, Gedächtnisimmunität ...) misst.
Schließlich, wenn die Studie bestätigt, dass Dehnung die Penetration von Makromolekülen in die menschliche Haut erhöht, können andere experimentelle Ansätze, die an Mäusen durchgeführt wurden, nicht eins zu eins auf den Menschen übertragen werden. Angesichts der erheblichen Unterschiede zwischen menschlicher und muriner Haut, sind neue Untersuchungen notwendig, um zu prüfen, ob die durch Dehnung induzierte Immunaktivierung und ihr Impfpotenzial tatsächlich auf den Menschen übertragbar sind.