Aus Zeitmangel oder Bequemlichkeit kommt es vor, dass wir am Morgen das Haus mit feuchtem Haar verlassen. Diese Gewohnheit wirkt harmlos, hat jedoch Auswirkungen. Was passiert, wenn man mit nassem Haar nach draußen geht? Lesen Sie die Antwort in diesem Artikel.

Welche Risiken bestehen, wenn man morgens mit nassen Haaren nach draußen geht?
- 1. Haare sind im nassen Zustand bruchanfälliger
- 2. Eine feuchte Umgebung fördert das Bakterienwachstum
- 3. Nasse Haare sind anfälliger für Frizz und Definitionsverlust
- 4. Mit feuchtem Haar nach draußen zu gehen ist unangenehm, insbesondere im Winter
- Quellen
1. Haare sind im nassen Zustand bruchanfälliger.
Mit nassen Haaren auszugehen verursacht nicht nur Unbehagen, sondern macht die Haarfasern auch anfälliger für mechanische und umweltbedingte Einflüsse. Wenn sie mit Wasser gesättigt sind, erfahren Haare verschiedene strukturelle Veränderungen. Die Kutikula, die äußere Haarschicht, weist leicht angehobene Schuppen auf. Sie wird dadurch weniger kohäsiv und schützt die inneren Schichten, insbesondere den Kortex, nicht mehr so gut. Dieser mittlere Abschnitt macht etwa 80 % des Haares aus und bestimmt Elastizität, Festigkeit und Farbe. Durch das Anheben der Kutikulaschuppen dringen äußere Partikel wie Schadstoffe leichter ein und beschleunigen den natürlichen Verschleiß der Haarfaser.
Zudem nimmt die Porosität der Haare in feuchter Umgebung zu. Sobald ein Haar porös ist, verliert es leichter die Lipide und Proteine, aus denen es besteht, was seine mechanische Festigkeit beeinträchtigt. Diese Anfälligkeit ist insbesondere im Winter, wenn Reibung durch Mütze oder Schal in Kombination mit Wind und Temperaturschwankungen Faserbrüche verursacht, die sich in Frizz und Spliss äußern.
2. Eine feuchte Umgebung fördert das Bakterienwachstum.
Ein weiterer oft übersehener Punkt: Restfeuchtigkeit auf der Kopfhaut nach einem Aufenthalt im Freien mit nassem Haar schafft ein förderliches Milieu für die Vermehrung von Mikroorganismen. Einige Hefen, wie Malassezia, die natürlicherweise auf der Hautoberfläche vorkommen, auch auf der Kopfhaut, neigen zu übermäßiger Vermehrung, wenn die Bedingungen heiß und feucht werden —typischerweise unter einer Mütze, einer Kapuze oder bei noch feuchtem Haar. Dieser Vorgang kann zu einer Dysbiose führen, also einer Störung des bakteriellen Gleichgewichts, die das Auftreten von Schuppen begünstigen kann.
Bei Schuppen handelt es sich um eine multifaktorielle Problematik, die mit einer Vermehrung von Malassezia. Diese Hefepilze besitzen eine Lipaseaktivität, das heißt sie hydrolysieren die im Talg enthaltenen Triglyceride und setzen ungesättigte Fettsäuren wie Arachidonsäure frei. Letztere ist ein Metabolit, der eine abnorme Differenzierung der Keratinozyten, der Zellen der Hornschicht, auslöst. Arachidonsäure stimuliert die Produktion proinflammatorischer Zytokine. Auf diese Weise tragen die Mikroorganismen Malassezia tragen zur Schuppenbildung, zu Rötungen und zu Juckreiz auf der Kopfhaut bei.
3. Nasse Haare sind anfälliger für Frizz und Definitionsverlust.
Mit noch feuchtem Haar auszugehen kann das Erscheinungsbild beeinträchtigen. Zur Erinnerung: der Cortex besteht hauptsächlich aus Keratin, einem Protein, das in langen Ketten organisiert ist und durch verschiedene Bindungstypen stabilisiert wird: Disulfid-, Ionen- und Wasserstoffbrückenbindungen. Disulfidbrücken, verantwortlich für die Lockenbildung bei manchen Menschen, sind feste, permanente kovalente Bindungen. Einmal gebrochen, beispielsweise nach chemischen Glättungen, bilden sie sich nicht spontan wieder. Im Gegensatz dazu sind Ionenbindungen und Wasserstoffbrücken fragiler: Sie lösen sich beim Waschen unter dem Einfluss von Wasser vorübergehend, bilden sich aber beim Trocknen des Haares wieder, was es ermöglicht eine Frisur vorübergehend zu fixieren.
Das Trocknen der Haare zu Hause mit einem Föhn oder einem Handtuch ist nützlich, um deren Form zu definieren.
Tatsächlich können sich beim Lufttrocknen der Haare in feuchter oder windiger Umgebung die Wasserstoffbrücken ungeordnet neu bilden, was zu einer chaotischen Strähnenanordnung führt und in manchen Fällen Frizz entstehen lässt. Dieser Effekt ist besonders bei texturiertem oder lockigem Haar sichtbar, das eine sorgfältige Pflege benötigt, um seine Form zu bewahren und ein Aufbauschen zu verhindern, auch wenn glattes Haar nicht völlig verschont bleibt und beim Lufttrocknen wirre Spitzen bilden kann.
4. Mit feuchtem Haar nach draußen zu gehen ist unangenehm, insbesondere im Winter.
Einer der hartnäckigsten Irrtümer ist, dass man sich erkältet, wenn man mit nassen Haaren nach draußen geht. Wissenschaftlich ist das nicht korrekt. Kälte oder Feuchtigkeit sind keine unmittelbaren Auslöser für Winterkrankheiten wie Erkältungen oder Grippe. Diese Erkrankungen haben einen viralen Ursprung. Ihre Übertragung hängt von der Nähe zu infizierten Personen ab, entweder durch direkten Kontakt (Händedruck, kontaminierte Oberflächen) oder über die Luft (Tröpfchen, die beim Sprechen, Husten oder Niesen freigesetzt werden).
Allerdings kann Ausgehen bei kaltem Wetter mit noch nassem Haar zu einem Wärmeunbehagen und verstärkt die auf der Kopfhaut wahrnehmbare Kälteempfindung. Dieser Effekt beruht auf Wärmeleitung: Wasser im Haar fördert die Ableitung der Körperwärme und erhöht so die Empfindlichkeit der Kopfhaut gegenüber niedrigen Temperaturen. Diese längere Kälteeinwirkung ist nicht pathogen. Sie schwächt die lokalen Abwehrkräfte an den Nasenschleimhäuten und macht den Organismus bei Kontakt mit Krankheitserregern anfälliger.
Auch wenn man mit nassem Haar nicht krank wird, kann das unangenehm sein. Bei kaltem oder windigem Wetter kann es die Abwehrkräfte schwächen.
Quellen
ECCLES R. Understanding the symptoms of the common cold and influenza. The Lancet Infectious Diseases Home Page (2005).
NAGASE S. Hair structures affecting hair appearance. Cosmetics (2019).
WORTMANN G. & al. Comparing hair tensile testing in the wet and the dry state: Possibilities and limitations for detecting changes of hair properties due to chemical and physical treatments. International Journal of Cosmetic Science (2022).
MARTINS M. & al. Insights on the hair keratin structure under different drying conditions. Journal of Natural Fibers (2023).
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