Entgegen einer weit verbreiteten Annahme, verändert die Rasur weder die Dichte noch die Dicke noch die Wachstumsgeschwindigkeit der Haare. Diese Illusion beruht auf einem rein visuellen und taktilen Phänomen. Wenn man ein Haar, schneidet man es an der Hautoberfläche auf Höhe des Haarstamms ab. Das Haar wird dann glatt durchtrennt, wodurch es eine gerade und steife Spitze erhält, im Gegensatz zu einem natürlichen Haar, dessen Ende zugespitzt ist. Dadurch kann es sich beim Berühren rauer anfühlen, sichtbarer wirken und dicker erscheinen. Es kann auch dunkler wirken, da das frisch geschnittene Haar noch nicht dem Licht oder äußeren Einflüssen ausgesetzt war, die es mit der Zeit leicht aufhellen. Schließlich kann das gleichzeitige Nachwachsen mehrerer Haare, die zur selben Zeit geschnitten wurden, einen Eindruck verdichteter Behaarung erzeugen.
Die Studie von Aliakbarpour et al. (2017), veröffentlicht im Journal of Cosmetic Dermatology, verfolgte das Ziel zu ermitteln, ob das Rasieren der Haare ihr Wachstum, ihre Dicke oder ihre Dichte im Vergleich zum Schneiden mit der Schere beeinflussen kann. Diese Frage ist insbesondere im Zusammenhang mit der Vorbereitung auf Laser-Epilation bei Frauen mit Hirsutismus, einer Störung, die durch übermäßige Behaarung in für Frauen typischerweise wenig behaarten Bereichen infolge eines Androgenüberschusses gekennzeichnet ist.
Um diese Frage zu beantworten, führten die Forscher eine randomisierte klinische Studie mit 60 Frauen mit Hirsutismus durch (dabei handelt es sich um das Auftreten von Behaarung in als männlich geltenden Zonen, die bei Frauen normalerweise unbehaart sind). Die Teilnehmerinnen wurden in zwei Gruppen eingeteilt: Eine Gruppe wurde angewiesen, die zu behandelnden Bereiche vor Beginn der Lasersitzungen zu rasieren, während die andere die Haare lediglich mit einer Schere kürzen sollte. Die Studie erstreckte sich über 12 Wochen und umfasste eine regelmäßige Nachuntersuchung der Patientinnen sowie eine objektive Bewertung des Haarwuchses. Die Forscher analysierten mehrere Parameter: Haardichte, Haardicke, Wachstumsgeschwindigkeit und Wirksamkeit der Laserbehandlung in Abhängigkeit von der gewählten Vorbereitungsmethode. Die Ergebnisse zeigten, dass keine signifikanten Unterschiede zwischen den beiden Gruppen hinsichtlich Wachstumsgeschwindigkeit oder Haardicke der Haare beobachtet wurden. Mit anderen Worten, das Rasieren führte weder zu dickeren noch zu zahlreicheren Haaren. Außerdem wurde die Wirksamkeit der Laserbehandlung durch die gewählte Vorbereitungsart nicht beeinflusst. Diese Studie bestätigt somit, dass das Rasieren – entgegen einer hartnäckigen Fehlvorstellung – weder die Qualität noch den Wachstumszyklus der Haare beeinträchtigt, selbst in einem hormonellen Kontext wie dem Hirsutismus. Damit untermauert sie die bereits in der Literatur vorliegenden Daten, die den vermeintlichen Effekt der Haarverdickung nach dem Rasieren als Illusion entlarven.