Manche Menschen wünschen sich dichtere Körperhaare, während andere sie lieber loswerden möchten. Letztere Gruppe umfasst überwiegend Frauen, aber auch einige Männer. Um die Behaarung zu reduzieren, verzichten viele auf das Rasieren, beeinflusst von dem weit verbreiteten Irrglauben, dass Haare nach dieser Methode dicker und schneller nachwachsen. Doch wie verhält es sich wirklich? In diesem Artikel erfahren Sie, was Sie wissen sollten.

Ein verbreiteter Irrglaube: Haare werden dicker und wachsen schneller nach, wenn man sie rasiert.
- Führt Rasieren dazu, dass die Haare dicker werden, und fördert es deren Wachstumsrate?
- Die Faktoren, die das Haarwachstum tatsächlich beeinflussen
- Quellen
Führt Rasieren dazu, dass die Haare dicker werden, und fördert es deren Wachstumsrate?
Entgegen einer weit verbreiteten Annahme, verändert die Rasur weder die Dichte noch die Dicke noch die Wachstumsgeschwindigkeit der Haare. Diese Illusion beruht auf einem rein visuellen und taktilen Phänomen. Wenn man ein Haar, schneidet man es an der Hautoberfläche auf Höhe des Haarstamms ab. Das Haar wird dann glatt durchtrennt, wodurch es eine gerade und steife Spitze erhält, im Gegensatz zu einem natürlichen Haar, dessen Ende zugespitzt ist. Dadurch kann es sich beim Berühren rauer anfühlen, sichtbarer wirken und dicker erscheinen. Es kann auch dunkler wirken, da das frisch geschnittene Haar noch nicht dem Licht oder äußeren Einflüssen ausgesetzt war, die es mit der Zeit leicht aufhellen. Schließlich kann das gleichzeitige Nachwachsen mehrerer Haare, die zur selben Zeit geschnitten wurden, einen Eindruck verdichteter Behaarung erzeugen.
Die Studie von Aliakbarpour et al. (2017), veröffentlicht im Journal of Cosmetic Dermatology, verfolgte das Ziel zu ermitteln, ob das Rasieren der Haare ihr Wachstum, ihre Dicke oder ihre Dichte im Vergleich zum Schneiden mit der Schere beeinflussen kann. Diese Frage ist insbesondere im Zusammenhang mit der Vorbereitung auf Laser-Epilation bei Frauen mit Hirsutismus, einer Störung, die durch übermäßige Behaarung in für Frauen typischerweise wenig behaarten Bereichen infolge eines Androgenüberschusses gekennzeichnet ist.
Um diese Frage zu beantworten, führten die Forscher eine randomisierte klinische Studie mit 60 Frauen mit Hirsutismus durch (dabei handelt es sich um das Auftreten von Behaarung in als männlich geltenden Zonen, die bei Frauen normalerweise unbehaart sind). Die Teilnehmerinnen wurden in zwei Gruppen eingeteilt: Eine Gruppe wurde angewiesen, die zu behandelnden Bereiche vor Beginn der Lasersitzungen zu rasieren, während die andere die Haare lediglich mit einer Schere kürzen sollte. Die Studie erstreckte sich über 12 Wochen und umfasste eine regelmäßige Nachuntersuchung der Patientinnen sowie eine objektive Bewertung des Haarwuchses. Die Forscher analysierten mehrere Parameter: Haardichte, Haardicke, Wachstumsgeschwindigkeit und Wirksamkeit der Laserbehandlung in Abhängigkeit von der gewählten Vorbereitungsmethode. Die Ergebnisse zeigten, dass keine signifikanten Unterschiede zwischen den beiden Gruppen hinsichtlich Wachstumsgeschwindigkeit oder Haardicke der Haare beobachtet wurden. Mit anderen Worten, das Rasieren führte weder zu dickeren noch zu zahlreicheren Haaren. Außerdem wurde die Wirksamkeit der Laserbehandlung durch die gewählte Vorbereitungsart nicht beeinflusst. Diese Studie bestätigt somit, dass das Rasieren – entgegen einer hartnäckigen Fehlvorstellung – weder die Qualität noch den Wachstumszyklus der Haare beeinträchtigt, selbst in einem hormonellen Kontext wie dem Hirsutismus. Damit untermauert sie die bereits in der Literatur vorliegenden Daten, die den vermeintlichen Effekt der Haarverdickung nach dem Rasieren als Illusion entlarven.
Die Faktoren, die das Haarwachstum tatsächlich beeinflussen.
Die menschliche Körperbehaarung wird durch komplexe biologische Mechanismen reguliert, die hauptsächlich auf Ebene des Haarfollikels wirken, einer Struktur in der Dermis. Dieser Follikel durchläuft einen Haarzyklus mit mehreren aufeinanderfolgenden Phasen. Die längste Phase ist die Anagenphase, oder Wachstumsphase, die 2 bis 7 Jahre dauert. Während dieser Zeit teilen sich Zellen an der Haarbasis schnell, während die Matrixzellen nach außen wandern, um den Haarschaft zu bilden. Darauf folgt die Katagenphase, eine kurze Übergangsphase von etwa drei Wochen, in der der Follikel eine Involution durchläuft: die Haare verlieren ihre Verbindung zur Papille und ziehen sich zurück. Die Telogenphase, oder Ruhephase, dauert etwa drei Monate; in dieser Zeit ist die Zellproliferation nahezu nicht vorhanden, die Papille zieht sich in die Nähe des Bulges zurück, ohne nennenswerte Apoptose. Schließlich gibt es eine eigenständige Phase, die Exogenphase, was dem Ausfallen des alten Haares entspricht, während ein neues Haar weiter wächst. Jeder Follikel durchläuft diesen Zyklus unabhängig, gesteuert von zahlreichen internen Faktoren, mit einer zentralen Rolle der Hormone.

Unter diesen Hormonen sind die Androgene, insbesondere Testosteron und seine aktive Form, das Dihydrotestosteron (DHT), sind entscheidend für Dichte, Dicke und Verteilung der Körperhaare. Sie bewirken die Umwandlung feiner, hell pigmentierter Haare in dichtere, längere und dunklere Haare, insbesondere während der Pubertät. Diese Effekte werden bei hormonellen Ungleichgewichten verstärkt, wie man sie bei bestimmten Erkrankungen beobachten kann.
Das Alter ist ebenfalls ein entscheidender Faktor: Die Körperbehaarung entwickelt sich in der Pubertät, stabilisiert sich im Erwachsenenalter und verändert sich im Zuge des Alterungsprozesses. Bei Frauen kann die Menopause mit einer Ausdünnung bestimmter Haare und dem Auftreten dickerer Haare in anderen Bereichen einhergehen, bedingt durch hormonelle Veränderungen. Bei Männern können Bereiche wie die Kopfhaut an Dichte verlieren, während andere Bereiche dichter behaart werden. Die Genetik spielt ebenfalls eine wesentliche Rolle: Jeder Mensch erbt ein spezifisches Haarwachstumsprogramm, das Verteilung, Dichte und Textur der Haare bestimmt. So können bei identischen Gewohnheiten zwei Personen sehr unterschiedliche Behaarungsgrade aufweisen.
Schließlich können einige medizinische Störungen direkt die Behaarung beeinflussen. Das ist insbesondere der Fall beim polyzystischen Ovarialsyndrom (PCOS), das bei Frauen einen Androgenüberschuss verursacht, oder durch bestimmte endokrine Erkrankungen der Nebennieren- oder Schilddrüsenfunktion entsteht. Diese pathologischen Effekte auf die Haarfollikel wurden in jüngsten Studien detailliert beschrieben, die die hormonellen Regulationswege des Haarwachstums darstellen.
Zusammenfassend ist die menschliche Körperbehaarung das Ergebnis einer komplexen Wechselwirkung von Hormonen, genetischer Veranlagung, Alter und Gesundheitszustand und damit weit mehr als lediglich das Resultat einer so oberflächlichen Maßnahme wie des Rasierens.
Quellen
Macwilliams P. & al. Shaving and hair growth. The Journal of Investigative Dermatology (1970).
HATTORI M. & al. Regulation mechanisms of hair growth. Current Problems in Dermatology (1983).
Androgens and hair growth. Dermatologic Therapy (2008).
ALIAKBARPOUR F. & al. A randomized clinical trial on the comparison between hair shaving and snipping prior to laser hair removal sessions in women suffering from hirsutism. Journal of Cosmetic Dermatology (2017)
MECZEKALSKI B. & al. Hormonal Effects on Hair Follicles. International Journal of Molecular Sciences (2020).
ALADRAJ J. F. & al. Effects of Hormones and Endocrine Disorders on Hair Growth. Cureus (2022).
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